Samstag, 18. Juli 2009

Mal seit langem wieder ein Stück Pamgetippse...

„Kannst du wirklich keine Farben erkennen?“
„Ja.“
„Woher weißt du dann, was eine Farbe ist?“
Eine Weile lang war sein Ausdruck starr und leer. Seine Pupillen schwiffen über und über das Bild, dass er in Händen hielt. Kurz sah er mich an, aber so flüchtig wie ich den Eindruck bekam, so glitt sein Blick wieder weg.
„Weil man nun einmal kennt, was man nicht weiß.“
Das brachte mich zum Denken. Natürlich wusste man, was man weiß-aber er hatte Recht. Dadurch, dass man irgendetwas weiß, bekommt man auch vage Vorstellungen von dem, was man nicht weiß.
„Würdest du sie gerne sehen können, Luca?“
„Nein.“
Es kam kalt und schnell-fast zu schnell. Ich wollte mir die Frage verkneifen, doch Neugier nahm Überhand.
„Wa…“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich Angst.“
Das Bild fiel ohne Geräusch zu Boden. Die Rückseite war nach oben gewandt und man konnte das Datum erkennen. 11 Jahre war es alt. Wovor sollte Luca Angst haben? Es gab immerhin weitaus mehr Menschen, die Farben erkennen konnten, als Menschen ohne diese Fähigkeit. Er schien meine Gedanken wahrzunehmen.
„Manchmal ist es besser, vergrabene Dinge vergraben zu lassen.“
„Du hast das Bild fallen lassen.“
„Danke.“
Er hob es nicht auf.
„Erkennst du dich darauf?“
„Erkennst du mich?“
Tatsächlich sah es nicht aus wie er. Auf ihm wirkte er nicht nur fröhlicher, er wirkte auch gesünder. Nachdem ich es eine Weile betrachtet hatte, machte ich Anstalten es ihm zurückzugeben, doch er reagierte nicht. Als ich anfing zu glauben er bemerkte es nicht einmal, sah er mich zum ersten Mal direkt an. Sein Gesicht war voller Emotion, doch welche, vermochte ich nicht zu erkennen.
„Behalte es.“
„Warum?“
„Warum kannst du meinen Gesichtsausdruck nicht erkennen?“
Ich war fassungslos. Ich blickte noch einmal das kindliche Gesicht an und steckte das Bild kurzerhand in meine Hosentasche. Ich stand auf.
„Du gehst?“
„Ja.“
„Warum?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich Angst.“
Er lächelte. Ein ungewohnter Anblick, aber er war Grund genug mich zufrieden gehen zu lassen.